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Die Arbeit vieler Generationen

Aus der verzweigt wachsenden Wildpflanze Brassica oleracea sind über die Jahrtausende unzählige Kohlvarietäten entstanden, die heute nicht mehr von unserem Speiseplan wegzudenken sind. Eine kleine Pflanzengeschichte.

Einst blieb den Menschen nichts anderes übrig, als das zu essen, was sie fanden. Also Wildpflanzen und Wildtiere. Mit der Sesshaftigkeit und dem Aufkommen des Ackerbaus – in unserer Region war das ungefähr zwischen 5500 bis 2200 vor unserer Zeitrechnung der Fall – wurden Wildpflanzen in Kultur genommen. Samen von wilder Hirse, wildem Hafer, Emmer, Roggen, Urformen des Dinkels und Pastinaken wurden gesammelt und im eigenen Feld ausgestreut. Später kamen aus dem Osten Gersten, Weizen, Erbsen und Linsen hinzu.

Getreideähren auf Tisch liegend
Die Getreidesorten, die wir heute kennen, haben wilde Vorfahren und wurden mit der Sesshaftigkeit des Menschen erstmals in Kultur genommen.

Es begann wohl schon damals eine ganz langsame Entwicklung weg von den Wildpflanzen, hin zu den ersten Kulturpflanzen. Denn die Menschen verwendeten vermutlich automatisch von den Pflanzen Saatgut weiter, welche unter den gegebenen Umständen am besten gediehen, die grössten Früchte, Körner, Rüben etc. ausbildeten oder am einfachsten zu handhaben waren. Bei den wilden Vorfahren unserer Getreidearten fallen die Körner beispielsweise zu Boden, sobald sie reif sind. Da das Auflesen mühsam war, haben die Menschen wohl schon früh am liebsten die Körner gewonnen, die lange hängen blieben – eine Eigenschaft, die sich natürlich weitervererbte.  Über die Jahrtausende entstanden so aus den Wildpflanzen nach und nach Kulturpflanzen mit grösseren Körnern oder dickeren Wurzeln als ihre wilden Vorfahren.

Pflanzenzucht im Mittelalter

In den mittelalterlichen Klöstern fanden erste  gezielte Züchtungsversuche statt, bei denen auf definierte Zuchtziele hin selektiert wurde. Im 17. Jahrhundert begannen schliesslich findige Köpfe mit den ersten Kreuzungen. Erst so entstand beispielsweise die Urahnin unseres heute gängigen orangen Rüeblis: aus einer Kreuzung zwischen der einheimischen weissen Karotte und den gelben und purpurroten, welche aus Zentralasien eingeführt wurden. Natürlich war dies nicht einfach ein einmaliges Kreuzen und plötzlich wuchs das orange Rüebli im Feld. Sondern die Varianten wurden gekreuzt und die daraus entstandenen Samen ausgesät. Die nun gewachsenen Rüebli waren äusserst heterogen und erst durch jahrzehntelange Auslese konnten stabile Sorten mit den damals gewünschten Eigenschaften erreicht werden. Die Sortenvielfalt wuchs stetig, auf jedem Betrieb entstanden eigene Sorten.

Karotten in verschiedenen Farben in der Auslage
Das orange Rüebli ist ein Züchtungsprodukt. Es geht auf Kreuzungen zwischen den einheimischen weissen Karotten und den gelben oder purpurroten aus Zentralasien zurück.

Sortenvielfalt auf dem Höhepunkt

Im 19. Jahrhundert wurde die Zucht professionalisiert. Es entstanden in Mitteleuropa renommierte Züchterfirmen und Samenhändler. Vor allem Frankreich und Deutschland wurden zu Zentren der Gemüsezüchtung. Zu diesem Zeitpunkt war die Vielfalt der gehandelten Sorten vermutlich am grössten. Das Züchterwissen war vorhanden, der Austausch bis in die USA gewährleistet und unzählige Firmen produzierten alle ihre eigenen Sorten.  Wieso die Sortenvielfalt heute bedroht ist, darüber haben wir in diesem Artikel berichtet.

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